Gelassen und souverän überzeugen

Gelassenheit - A. P. WeberDie Gelassenheit ist die Basis der Souveränität. Mit ihnen gelingt das Überzeugen Anderer. Gelassen betritt der Seiltänzer das Seil und geht darauf ohne jeden Selbstzweifel wie im Schlaf nach Belieben voran. Er ruht in sich selbst. Erhaben. Mit dieser Sicherheit kann er auf dem Seil mehr als nur Stehen und Gehen. Souverän nimmt der Seiltänzer ein Fahrrad entgegennehmen, platziert es in aller Ruhe auf dem Seil, setzt sich darauf und fährt sicher mit dem Rad auf dem Seil hin und her. Keine Frage, er hat das oft geübt, seine Vorstellung ist einstudiert. Auch das gibt ihm Ruhe und Gelassenheit. Dieser Mensch vertraut sich selbst, er baut fest auf seine Kompetenz. Daher seine Souveränität.


Souverän Reden

Überzeugen können wir unsere Zuhörer oder Gesprächspartner zu einem sehr großen Teil durch persönliche Souveränität. Authentische Stärke hat mindestens zwei Quellen: Ein stabiles „Selbstwertgefühl“ und ein positives Selbstbild: Die feste Überzeugung von der eigenen Kompetenz, von der Qualität meines Produkts oder meiner Dienstleistung, vom Genügen meiner Errungenschaften wie Besitz und Qualifikationen sowie von meinem moralischen Weltbild oder Wertesystem.

Wenn die genannten Elemente in der Qualität vorhanden sind, dann resultiert meine Glaubwürdigkeit aus einer Gelassenheit, die in der Körpersprache sichtbar, in der Stimme und Artikulation hörbar sowie in einer gelingenden Argumentation vernehmbar wird. Und wer ein Lächeln hat, der sollte einen Laden eröffnen*.

Alleine durch eine stabile Souveränität überzeugen wir positiv und wirkungsvoll, können wir andere motivieren und in Gesprächen, Verhandlungen oder bei Vorträgen persönliche Ziele erreichen. Dann sind wir in der Lage, andere zu loben, gemeinsam mit ihnen im Dialog Lösungen zu formulieren und kooperativ zu handeln.


*Nach dem chinesischen Sprichwort „Wer kein Lächeln hat, sollte keinen Laden eröffnen.“

Angst vor …

Erörtert wird nirgends die Angst vor dem öffentlichen Sprechen. Außer mit Blick auf Vorträge. Es gibt aber insbesondere im Berufsleben eine allgemeine Angst vor dem Sprechen in „Meetings“ oder anderen Gesprächen, eine Preisgabe des Eigenen bestehe bevor. Das Thema Angst ist allgemein. Als solche ist sie verpönt, gilt als Zeichen von Schwäche, wird bewertet als unerwünscht und ist nicht gern gesehen. Alle haben sie. Ob verdrängt oder gut domestiziert, ob als bekanntes Geheimnis oder offen getragene Eigenschaft.

schrei munchDas öffentliche Sprechen macht uns einmal mehr mit uns selbst bekannt. Doch worauf achten denn die Zuhörer am meisten? Auf sich selbst! Zwar beobachten sie den Sprechenden, fixiert aber sind alle in der Regel alleine auf sich selbst. Zweitens. Wovor fürchten wir uns eigentlich vor und während des Auftritts? Vor dem Versagen. Davor, dass wir als Mensch, als Kollege, Fachmann oder Mitglied der Gesellschaft keine Anerkennung finden.

Wir setzen uns aus, stellen uns mindestens für das erste Moment des Redens aus der Gruppe heraus. Unerträglich. Deshalb sind das Begrüßen, das Anschauen und machmal auch das direkte Ansprechen der Zuhörenden so wichtig: Mit diesen Handlungen kommen wir in die Gruppe hinein und gewinnen allmählich eine Sicherheit und die notwendige Gelassenheit, um überzeugend sprechen zu können.

Peer Steinbrück – Patzig

Wenn ich hier einen Politiker der SPD kritisch beschreibe, dann bedeutet das nicht,
ich würde andere Parteien bevorzugen.

Peer Steinbrück tritt mitunter sehr patzig auf. Er erinnert an jenes „power und patzig“, das Adorno dem Dichter Schiller attestierte und einem besseren Geschmack einfach nicht gefällt. Herumpoltern und Muskelspiel, Drohen ohne wirkliche Macht, Provozieren mit scheinheiligem Augenzwinkern … „ja, liebe Freunde, ich habe ein starkes Selbstbewusstsein“, während eine Unsicherheit nicht zu übersehen bleibt – dieses Bild wirkt nicht besonders gut auf den geneigten Zuhörer und Zuschauer. Denn es kommt noch etwas hinzu: Eine theatralische Mimik, die keineswegs gekonnt vorgetragen wird. Er demonstriert so gern die schmalen Lippen des Vieldenkers.

Diese show ist peinlich, manche bekommen sogar das Fremdschämen. Leider fehlt die überzeugende Souveränität, eine Vertrauen weckende Gelassenheit. Seine Mundwinkel weisen bei relativer Entspannung der Gesichtsmuskulatur nach unten. Ein chinesisches Sprichwort sagt: Wer kein Lächeln hat, sollte keinen Laden eröffnen.

Steinbrück spricht meistens viel zu schnell. Natürlich können wir ihm folgen. Er sollte langsamer sprechen, weil Steinbrück dann seine Schachtelsätze, die alle doch grundsätzlich so gern hören, auch vernünftig und vollständig konstruieren würde. Sattdessen verliert er im Galopp zuweilen Satzteile und konjugiert auch falsch. Beispiele möchte ich nicht zitieren.

Nun zur Gestik. Steinbrück möchte gar nicht seinen Körper sprechen lassen. Er hat zwar stereotype Bewegungen intus, die für Redner seiner Berufsgruppe einfach angesagt sind. Doch es sieht bei ihm ein wenig so aus, als sei er eben am falschen Ort oder auf der Durchreise. Steinbrück möchte nicht.

Das Auftreten ist so ganz seine Sache nicht. Es erinnert an ein Marionettenspiel. Für dieses Erscheinungsbild gab es früher einmal das Adverb “ungestalt”. Wer möchte es ihm verdenken, dass die Unerbittlichkeit und Härte der Medien ihn stark irritieren. Nun, niemand hat ihn gezwungen. Oder war es Helmut Schmidt? Hat er diese höhere Weihe nicht verkraftet oder selbstbewusst als Miss- und Nießbrauch seiner persönlichen Freiheit aufgenommen?

Vielleicht wird Steinbrück patzig, weil er ständig vor etwas fliehen möchte. Wird er mal vertraulich und antizipiert den konstruktiven Dialog, dann badet er sich in seiner Jovialität, um gleich erneut Spitzen zu verteilen. Manchmal ist er auch angenehm brav. Da haben wir ihn! Doch Steinbrück möchte das nicht.

Es fehlt ihm die Liebe zur Selbstinszenierung. Gerhard Schröder liebt und beherrscht sie. Ebenso Guido Westerwelle. Steinbrück mag es nicht. Und das spricht für ihn, für eine gewisse intellektuelle Redlichkeit, die allerdings ihn nicht dazu gebracht hat, das ganze Gehabe, dieses Inszenieren eines ethischen Scheins, nämlich der Politik als redliches soziales gesellschaftliches Handeln, anderen, den Dümmeren zu überlassen.

Es entsteht die Frage, ob Steinbrück denn über seine Rolle mit Blick auf seine Ziele wirklich ausführlichst nachgedacht und dazu auch sich beraten lassen hat. Wahrscheinlich. Das Ergebnis aber ist nicht angenehm. Fragen Sie mal Kinder, wie er so wirkt. Die werden das gar nicht beschreiben mögen.

Übrigens: Hier Steinbrück so richtig patzig in „Steinbrück und die Bonzenschleuder„…

 

„Tschakka!“ Gestelzt daneben

TschakaDas Aufgesetzte, das mutwillige, übertrieben entschlossene und theatralisch inszenierte Auftreten und Reden hat keine überzeugende Wirkung – zumindest nicht auf den wachen Verstand. Auch emotional kommen extravagantes Gehabe, das Gestelzte, eine recht übertriebene Selbstdarstellung nicht gut an. Zwar funktioniert solches Mimen gar nicht selten hier und da; aber es liegt in der Regel neben dem besseren Ton. Dieser gestattet sich solche Albernheiten gar nicht.

Unwort des Jahres – Worthülsen & Platitüden gesucht

Wörter und Unwörter – es ist immer schon eine rein einseitige, weil von Gruppen, die wir gut kennen, dominierte Auswahl gewesen. Eine Stellungnahme dazu bedeutet auch, sich diesem tendenziösen Treiben anzuschließen und selbst durch Kritik nicht über es hinausweisen zu können. Unwort an sich ist ein Unwort – vielleicht ist das des Jahres deshalb so genannt worden; ich fürchte nicht. Doch es gibt ganz sicher einige Dutzend solcher Wörter und sogar Sätze. Die Entscheidung für nur eines davon hängt die vielen anderen Pseudologismen ab und suggeriert, an sich werde ja sonst recht sinnvoll gesprochen.

Man sollte neben der Gesellschaft für die deutsche Sprache gleich ein weiteres Organ aufbieten, die Auswahl anhand eines elektronischen Fragebogens treffen lassen und die getroffene Entscheidung für eines oder eine Gruppe von Wörtern breit publizieren. Der Wettbewerb dürfte dann etwa „Worthülse“ – und für Sätze „Platitüde“ des Jahres heißen.